VON UNSERER MITARBEITERIN SILVIA FALLER
BOLLSCHWEIL. Die Welt ist für Eduard Graf von Vogelsberg offenbar ein Ort einziger Bedrängnis: Verspielt ist sein Vermögen,
wegen Schulgeldschulden vom Internat verwiesen seine Tochter und seine Frau ist einem Liebhaber verfallen. Und außerdem hat
er sich in ein Gespinst von Lügen verstrickt, dessen Fäden sein Butler Johann gesponnen hat. Da bleibt nur die vage Hoffnung:
"Du wirst sehen, alles wird gut."
So der Graf gegenüber Tochter Charlotte, die in großer Aufregung und zur allseitigen Überraschung unerwartet nach Hause
gekommen war, weil ihre Eltern kein Schulgeld mehr bezahlt haben. Gut wird jedoch gar nichts, denn Graf von Vogelsberg sitzen
die Gläubiger im Nacken und just in dem Moment, als Charlotte der Fürsorge bedarf, hat er nichts anderes im Kopf, als sie
von Johann mit einem Schlafmittel ruhigstellen zu lassen, so dass er unbehelligt seiner Spielsucht frönen kann. Die gilt dem
Pokern. Auch Gräfin Henriette hat kein Ohr für ihr Kind, denn sie erwartet ihren Liebhaber Rudolfo Valentino.
Eduard und Henriette von Vogelsberg heißen im wirklichen Leben Markus Weiser und Daniele Gauger. Charlotte ist Silke Riesterer,
Butler Johann ist Christian Disch und Rudolfo ist Stefan Wagner. In ihre Rollen waren die fünf in der Bollschweiler Möhlinhalle
als Akteurer der Laienspielgruppe Bollschweil geschlüpft, und zwar für die Komödie "Tante Otillies Pokerrunde" von Karl-Michael
Kehler und Maria Warmuth. Das insgesamt achtköpfige Ensemble war zur Wiederholung des Stücks angetreten, und zwar bei der
Jahresfeier der Spielvereinigung Bollschweil-Sölden. Eine erste Aufführung gab es bei der Weihnachtsfeier des Männergesangvereins
"Eintracht". Die Regie hatte Markus Zahn.
Beim zweiten Termin waren rund 150 Besucher neugierig auf das Stück. Und bald war auch der Salon der Familie von Vogelsberg
auf der Bühne besetzt. Denn der gerät zum Versammlungsort kurioser Gestalten, was dem spielsüchtigen Grafen und der liebestollen
Gräfin eine Menge Ärger einbringt und Butler Johann herausfordert, die Situation eins ums andere Mal zu retten. Der gibt
sich als Mädchen für alles und hält auch die Hand nach allen Seiten auf. So erfindet er die Existenz der reichen Erbtante
Ottilie (Eva Sonner), um Gräfin Henriette zu beruhigen und dem Grafen den Rücken frei zu halten. Doch selbst dem listigen
Butler entgleitet die Situation zunehmend. Rudolfo trinkt das für Charlotte bestimmte Schlafmittel, so dass er am frühen Morgen
nicht rechtzeitig aus dem Haus kommt. Weiter taucht der Gerichtsvollzieher Philipp Pfeiffer (Christoph Sumser) auf, um 55 500
Euro einzutreiben. Der Versuch, ihn der Krankenschwester Gisela (Agnes Schwab) als zweiten Geisteskranken unterzujubeln,
scheitert. Sie war eigentlich gekommen, um Liebhaber Rudolfo heim in die Anstalt zu holen. Johanns Bemühungen verschaffen
dem Grafen jedenfalls immer nur vorübergehend Erleichterung.
Auch Kostüme und Bühnenbild stimmen
Am Ende ist es doch Tante Ottilie, die das Leben ihrer Liebsten, das aus dem Ruder zu laufen droht, wieder zurück in die
rechte Bahn lenkt. Sie gibt es nämlich tatsächlich, was nur Butler Johann wusste. Ottilie wurde einst von ihrem Vater wegen
eines unliebsamen Verlobten verstoßen, lebte im fernen Panama und ist in Wirklichkeit die Mutter von Graf Eduard von Vogelsberg.
"Tante Ottilies Pokerrunde" war als Komödie angekündigt. Das Ganze war wirklich lustig und im zweiten Akt dermaßen verwickelt,
dass man allein darüber schon lachen musste. Bemerkenswert waren die schauspielerischen Leistungen der Akteure. Man nahm ihnen
die Charaktere, die sie spielten, wirklich ab, wobei Christian Disch, Markus Weiser, Daniele Gauger und Stefan Wagner besonders
überzeugten. Klasse waren auch das Bühnenbild und die Kostüme. Das Publikum dankte mit großem Applaus. Und allen, die nicht
dort waren, sei gesagt: Wer mal einen richtig fröhlichen Abend verbringen will, ist mit einem Theaterbesuch in Bollschweil
bestens beraten.
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