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Frau Pilatus

Hintergründe zur Person von Frau Pilatus

Erst seit Kaiser Augustus war es den römischen Statthaltern erlaubt, ihre Frauen in die Provinzen mit zu nehmen. Frau Pilatus, ihr Name ist historisch überliefert als Claudia Procula, begleitete also ihren Mann nach Israel. Es ist ihr anscheinend wichtig, ihrem Mann nahe zu sein und Anteil an seinem Leben und seiner Arbeit zu nehmen. Dafür verlässt sie ihr angenehmes Leben in Rom.
Wenn ein Ehemann mit beruflichen Problemen zu kämpfen hat, bleibt das seiner Frau nicht lange verborgen. Das verfolgt sie bis in den Schlaf hinein. So erging es auch Frau Pilatus.
Bei den drei Evangelisten Markus, Lukas und Johannes wird die Frau von Pilatus überhaupt nicht erwähnt. Allein der Evangelist Matthäus erwähnt sie im Neuen Testament der Bibel. Doch auch bei ihm erscheint sie nicht persönlich auf der Bildfläche, lässt vielmehr ihrem Mann folgende Mitteilung in Bezug auf Jesus ausrichten: "Lass die Hände von diesem Mann, er ist unschuldig. Ich hatte seinetwegen heute Nacht einen schrecklichen Traum" (Mt 27,19).
Sie hatte einen Einwand, der alles kommende Geschehen hätte aufhalten können, wenn "mann" auf sie gehört hätte. Gut vorstellbar, dass Pilatus' Frau sich eines Tages selbst aufgemacht hat, um sich persönlich ein Bild von dem zu machen, dessen charismatische Erscheinung dann auch sie beeindruckt hat.
Niemand wei?jedoch, wie es in im Innern Pontius Pilatus ausgesehen haben mag, konnte er doch nicht zugeben, dass seine Frau die Lage sehr wohl richtig erkannt hatte. Natürlich wird er sich in die Enge getrieben gefühlt haben. Wie hätte er dagestanden, er, als das Hohe Gericht! Aber so viel war klar: hinterher würde er sich rechtfertigen müssen vor ihr, seiner Frau.
Wer reagiert empfindlicher als ein Mann unter Männern, wenn eine Frau ihm Vorschriften machen will? Unter vier Augen mag er sich noch Vorhaltungen anhören, aber ihr vor aller Augen nachzugeben, ist - selbst für heutige Männer - eine ziemliche Zumutung. Pilatus' Frau war klug genug, nicht einfach angerannt zu kommen und ihrem Mann in den Arm zu fallen. Das hätte beide in den Augen aller nicht nur lächerlich, sondern auch verdächtig gemacht. So gro?ihr Mitgefühl mit Jesus gewesen war, im entscheidenden Moment durfte sie nicht die Contenance verlieren. Sich weiterhin zurückzuhalten konnte andererseits aber auch heißen: Alles tatenlos geschehen zu lassen. Und wie würde man je wieder froh werden können, wenn man angesichts großen Unrechtes nicht eingeschritten ist?
Wie die ganze Sache ausgegangen wäre, hätte Pontius Pilatus seiner Frau im entscheidenden Moment Gehör geschenkt, bleibt dahingestellt. Wie sie ausgegangen ist, wissen wir. Was wir nicht wissen ist, was das alles mit der Frau des Richters - und auch mit ihm selbst - gemacht hat, nachdem der Schuldspruch und die Hinrichtung Jesu vollzogen war. Wie die beiden wohl für den Rest ihres Lebens mit all dem fertig geworden sind?
Ist die träumende Frau ein poetisches Gedankenkonstrukt des Evangelisten Matthäus, der sie im Alleingang in sein Evangelium eingeflochten hat?
Wie dem auch sei; die Vermutung liegt nahe, dass die beiden - Pilatus und seine Frau - eine Einheit als ein und dieselbe Person sind. Beide Wesensanteile müssen jedoch ausgewogen zum Zuge kommen können, weil Einseitigkeiten nur halbe Sachen sind!

Frau Pilatus ist eine Frau gewesen, die Zitat: "in der ungeheuerlichsten Entscheidungsstunde Israels und der Menschheit ein warnender Engel war, frei von Selbstsicherheit und Selbstgerechtigkeit. Diese Frau war der einzige Zeuge in Jesu Rechtssache, der zu seinen Gunsten aussagte." (Dr. Erich von Eicken)

Auszüge aus:
  •  'Frau Pilatus hatte einen Traum' von Herma Brandenburger
      link: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/feiertag/1106442/
  •  'Die Frau des Pilatus' von Susanne Eßer
      link: http://www.dyckburg.de/aktuell/2004o/9.html